Made to Measure ist ein Experiment: Kann man eine Person allein anhand ihrer Online-Spuren nachbilden? Einen "Doppelgänger" erschaffen von jemandem den man nicht kennt? Jedes Detail nachbauen, nachspielen und damit eine komplette Persönlichkeit kopieren? Das ist Made to Measure!

Sophia aus dem UNSERDING-Team hat sich mit Moritz von #madetomeasureonline über das investigativ-künstlerische Datenexperiment unterhalten und mehr über das digitale Klonen ganzer Persönlichkeiten erfahren.

2020 begann das Datenexperiment

Im Rahmen des Projekts haben Moritz und sein Team über Social-Media dazu aufgerufen, bei Google und Facebook die Herausgabe persönlicher Daten zu verlangen und ihnen diese Daten anonymisiert zur Verfügung zu stellen. Über 100 Menschen aus ganz Europa haben ihnen schließlich ihre Daten zugeschickt.

Eine Szene aus dem "Leben" der Experimentteilnehmerin wird von ihrer Doppelgängerin auf einer großen Theaterbühne nachgespielt. Ob es sich wirklich so zugetragen hat?

Danach wurde ein Datensatz ausgewählt, der 5 Jahre Leben eines Menschen dokumentiert. Dabei haben Moritz und die anderen Mitarbeitenden von Made to Measure nur die Google-Daten benutzt. Persönliche Daten die Facebook oder andere Datenhändler sammeln, wurde erst gar nicht genutzt, weil es dann zu einfach gewesen wäre. Alleine Google hatte mehr als 100.000 Datenpunkte innerhalb der 5 Jahre über die Person angehäuft.

Datenkrake Google

Seit einigen Jahren haben wir das Recht, dass wir unsere gesammelten Daten abfragen können. Nichts anderes haben auch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Experiments gemacht. Das Ergebnis: Lange Tabellen mit einer Menge Rohdaten. Aus diesen Daten kann man aber eine Menge ablesen und zwar unter anderem alle Suchanfragen auf Google und YouTube und alle Bewegungen die Google Maps gespeichert hat.

90 Prozent des Webs werden von Google kontrolliert. Google kann alles mitlesen!

Wenn ihr jetzt denkt, dass euch das nicht passieren kann, da ihr keine Google-Services nutzt, dann ist das ein weit verbreitet Irrglaube. Denn Google kontrolliert 90 Prozent des gesamten Internets. Auf externen Seiten hat das Tech-Unternehmen extra kleine "Bausteine" eingebaut, die für Google beobachten was auf der Webseite passiert.

Erfolgreiches Experiment

Tatsächlich hat es das Team um Moritz geschafft, einen realen "Doppelgänger" aus den digitalen Daten einer fremden Person zu erschaffen. Diese Person wusste alles aus dem Leben des völlig fremden Teilnehmers des Experiments. Der "Doppelgänger" konnte alle Situation aus dem Leben der Person bis ins Detail nachspielen und in Teilen sogar die Persönlichkeit der fremden Person annehmen.

Wir haben einen Doppelgänger aus Fleisch und Blut erschaffen. Allein anhand der persönlichen Google-Daten einer uns völlig unbekannten Person.

Danach wurde ein Treffen organisiert zwischen dem Teilnehmer des Experiments und dem Klon. Doch damit nicht genug, denn für das Experiment wurde sogar das Haus und die Einrichtung des Probanden nachgebaut - all das nur durch Google-Daten. Über die Reaktionen des Probanden und das Experiment selbst wurde eine Doku gedreht, die ihr in der ARD-Mediathek schauen könnt.

ARD-Mediathek: Made to Measure - Eine digitale Spurensuche

Was war das Ziel des Experiments?

Bereits seit Jahren ist aus Studien bekannt, dass bereits kleinste Datenmengen reichen, um intime Dinge wie Schwächen oder Ängste zu ermitteln. Mit diesen Daten wird auch Missbrauch betrieben. So informiert Google seine Werbetreibenden aktiv über mentale Probleme, Krankheiten oder Lebenskrisen der Nutzer.

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Made to Measure wollte beweisen, dass es dafür noch nicht einmal eine Künstliche Intelligenz braucht. Die Frage war, ob das Experiment es schafft, einen Klon zu erschaffen, der mehr über sich weiß als das Original.

Mehr über das Experiment erfahrt ihr auf der Webseite: Made to Measure

Der Schutz unserer Daten

Unabhängig von den Ergebnissen des "Made to Measure"-Experiment nimmt das Bewusstsein für den Schutz unserer Daten immer mehr zu. Gleichzeitig sammeln die großen Datenhändler massenhaft Daten über uns. Dabei müssen wissen, dass wir die Nutzung der Dienste mit unseren Daten bezahlen, weiß Julia vom unabhängigen Datenschutzzentrum hier im Saarland.

Damit wird man letztendlich zum gläsernen Verbraucher.

Die gesammelten Daten können dann zu detaillierten Persönlichkeitsprofilen zusammengefasst werden. So erhalten die Datendienste Einblick in ganz persönliche Bereiche eures Lebens. Geht man noch einen Schritt weiter, dann können allein dadurch Menschen klassifiziert werden.

Artikel vom 30.08.2021.