Ihr habt's vielleicht auch schon auf Instagram gesehen - das Video von Justin Hayo. Über 90.000 Mal wurde das mittlerweile geklickt. Es geht darin um einen rassistisch motivierten Streit mitten in Saarbrücken.
Er ist Musiker aus Völklingen - mitten in der Nacht sitzt er vor seiner Kamera und erzählt die Geschichte von einem gewaltätigen, rassistischen Übergriff, den er mitten in Saarbrücken erlebt hat. Zwei junge Frauen haben dort mit Männern gestritten.
Justin war bei uns im Interview - und hat die Situation nochmal so beschrieben, wie er sie erlebt hat.
Wir waren auf dem Weg nach Hause von einem Kollegen aus. Und haben dann einen Streit gehört, von weitem, so von der Höhe der Fressgasse in Saarbrücken. UNd haben dann mitbekommen, dass die Frauen in einem Disput mit den Typen waren. Wir sind dann sofort hingegangen und haben vor allem versucht, die Frauen zu beschützen - nachdem wir mitbekommen haben, dass die auch Opfer von körperlicher Gewalt wurden.
Eine der beiden Frauen ist schwarz, sagst du - war das Ganze denn offen rassistisch?
Es ist offensichtlich rassistisch geworden als wir dort waren. Sie wurde rassistisch beschimpft, und das war offensichtlich auch das, was sie emotional verletzt hat. Ich kann nur mutmaßen, was da passiert ist. Aber wie das abgelaufen ist, ist auf keinen Fall in Ordnung, egal was da für ein Background ist.
Du hast dich mit deinem Kumpel dazu entschieden, dazwischen zu gehen ... das war sicher nicht ganz einfach oder?
Wenn ich ganz ehrlich bin: Im ersten Moment hab ich gedacht, sollen wir nicht lieber außen rum gehen? Und afür schäme ich mich jeden Tag. Wir müssen aber jeden Morgen, wenn wir aufstehen, entscheiden, ob wir uns gegen dieser Themen wehren. Und auch bereit sein, dafür einzustehen. Und ich bin froh, dass ich das in diesem Moment geschafft habe. Aber auch ich muss mich jeden Tag motivieren und jeden Tag daran erinnern, dass das Thema wichtig ist. Und auch daran, dass es wichtig ist, da einzuschreiten.
Das Video bei Instrgam wurde über 90.000 Mal angesehen. Wie ist das Feedback darauf?
Das Feedback ist durch die Band positiv. Ich habe bisher - und ich habe bestimmt 3000 Nachrichten und 500 Kommentare durch - noch keine einzige negative Nachricht bekommen. Alle sagen, dass das was passiert ist, nicht in Ordnung ist. Viele erzählen leider auch von ihren gewaltsamen, gewaltvollen Geschichten mit Rassismus und auch mit Gewalt gegen Frauen. Und es ist wichtig, dass das gesehen und gehört wird.
Du möchtest genau solchen Geschichten auch eine Plattfotm bieten. Wie konkret sind da deine Pläne?
In zwei Wochen startet unser erstes Projekt. Da beginnt eine Reihe, in der auch saarländische Opfer von Rassismus und Gewalt eine Stimme kriegen und ihre Geschichte erzählen. Die Initiative zu dem Video kommt von mir und meinen Freunden, die mich in der Zeit unterstützen und die mit mir die ganze Organisation, die mittlerweile daraus entstanden ist, stemmen. Also auch die ganzen Nachrichten beantworten und archivieren. Das schafft man als Einzelperson nicht. Gegründet hat die Initiative sich im Nachgang zu den Black Lives Matter-Demos in Saarbrücken. Wir arbeiten auch mit dem Haus Afrika zusammen und vielen anderen Aktivistinnen und Aktivisten. Auch mit denen, die die Black Lives Matter-Demonstrationen in Saarbrücken organisiert haben. Wir haben auch Komitees gegründet, die auch Handlungsempfehlungern geben, wie die Situation verbessert werden kann.
Du hast uns auch erzählt, dass du selbst immer wieder rassistische Kommentare anhören musst...
Ein einschneidendes Erlebnis für mich war, dass ich in der zweiten Klasse die Grunschule wechseln musste. Weil ich dort so hart diskriminiert worden bin, dass es nicht mehr zumutbar für mich war, dort weiterhin zu lernen. Und das hat dann auch weitreichende Asuwirkungen auf deinen zukünftigen Weg.
Was sagt du zu den Tätern - zu den Leuten, die die Frauen angegriffen haben oder zu denen, die dich beleidigen?
Ich hoffe, dass diese Menschen irgendwann zu der Erkenntnis kommen, dass die Art und Weise, wie sie sich verhalten, sich selber und vor allen Dingen den Menschen um sie herum schadet. Und es liegt an uns, Strukturen zu schaffen, in denen man diese Verhaltensweisen einfach nicht mehr zeigen darf und nicht mehr kann.
Aber es gibt nicht nur die - du hast vorhin schon erzählt, die Kommentare unter deinem Instagram-Video sind eigentlich durchweg positiv. Du hast also auch Unterstützer, was ist denn deine Botschaft an diejenigen?
Dass es wichtig ist, dass ihr weiter schreibt, dass ihr weiter eure Geschichten erzählt, dass ihr euch weiter bildet. Dass ihr gehört werdet. Diese Videos und diese Bieträge zu teilen sorgt dafür, dass Menschen das sehen und dass bei denen ein Denkprozess angeregt wird. Mir haben so viele Menschen geschrieben, dass sie durch dieses Video realisiert haben, dass das ein wirkliches Problem ist. Und dass sie realisiert haben, dass das im Alltag, bei uns im Saarland, passiert.
Trotz der vielen Unterstützer und viel positivem Feedback aktuell gibt es Alltagsrassismus. Was wäre deiner Meinung nach eine Lösung dafür?
Wir müssen strukturell was verändern, aber wir müssen auch jeder perösnlich was verändern. Ich bin auch Rassist. Ich bin auch sexistisch. Ich muss mich aber jeden Tag dafür entschieden, da aktiv was gegen zu tun. Und ich kann jeden Tag entscheiden, es besser zu machen als am Tag davor.
Das Video könnt ihr euch hier bei Instagram anschauen. Das Video auf Instagram ist schon über 90.000 Mal geschaut worden.