Europa wählt ein neues Parlament - aber irgendwie ist das alles kompliziert. Kein Problem: Wir beantworten eure Fragen und klären ein paar Basics rund um die EU. Wie viel eure Stimme am Sonntag wert ist und warum Wahlprogramme so kompliziert sind, haben wir Politik-Experten gefragt.
Prof. Gabriele Abels, Politikwissenschaftlerin an der Uni Tübingen: In der Gesamtsumme der Stimmen macht es natürlich einen Unterschied, wie viele Menschen ihr demokratisches Recht auf Wählen ausüben und was im Ergebnis dann dabei rauskommt.
Also konkret im Europäischen Parlament, welche Parteien ins Europäische Parlament gewählt werden und wie stark die dann sind. Wir haben über 220 Parteien im Moment im Europäischen Parlament, darunter dann auch die ganzen deutschen Parteien. Da macht es dann einen Unterschied, ob hinterher dann mehr linke Parteien, mehr Mittelparteien, auch mehr rechte Parteien stark vertreten sind und mit den anderen zusammen Mehrheiten bilden können. Zum Beispiel für politische Entscheidungen, für gesetzgeberische Entscheidungen, für die das Europäische Parlament zuständig ist.
Andreas Klee, Politikwissenschaftler an der Uni Bremen: Wahlprogramme richten sich in erster Linie gar nicht an uns, sondern an die eigene Partei. Das klingt vielleicht absurd, weil man denkt: Wahlprogramme sind ja für die Wählerinnen da, aber es dient auch viel dazu, dass die Partei sich selber verständigt, was sind denn eigentlich Ziele? Das führt dann dazu, dass es schwierig zu lesen ist und man manchmal auch die Dinge durchliest und sagt: „Ja so richtig verstanden, was die da wollen, hab‘ ich jetzt tatsächlich nicht."
Torben Ostermann, aus dem ARD-Hauptstadtstudio in Berlin: Deutschland entscheidet ja immer mit. Es gibt mehrere Ebenen in der EU, die sich für ein neues Gesetz einig werden müssen, z.B. das EU-Parlament. Da sitzen über 700 Abgeordnete aus allen Ländern, auch aus Deutschland. Die einzelnen EU-Staaten selbst spielen auch eine Rolle: Deutschland wird immer gefragt und kann abstimmen. Wenn ein neues Gesetz kommt, hat Deutschland in der Regel vorher zugestimmt - mit Ausnahmen. Ein einzelner EU-Staat kann überstimmt werden. Das ist Deutschland auch schon passiert. Und ganz ehrlich: dann muss es da halt durch. Das ist Demokratie.
Sascha Müller-Kraenner, von der deutschen Umwelthilfe: Die Europawahl jetzt im Juni ist wirklich sehr sehr wichtig für die Umweltpolitik, auch für den Klimaschutz in Deutschland. Die meisten Umweltgesetze die wir haben bei uns, kommen auch aus Europa. Europa hat in den letzten Jahren sehr viel getan, z.B. auch sichere Produkte. Das hängt damit zusammen, dass im gemeinsamen EU-Binnenmarkt auch Standards eben auch Standards gesetzt worden sind. Und gerade im Klimaschutz ist Europa vorangegangen, hat neue Ziele gesetzt, z.B. für den Ausbau Erneuerbare Energien.
Daniela Braun, Politikwissenschaftlerin an der Uni des Saarlandes: Als die EU begründet wurde, musste man eigentlich gar niemanden fragen, ob man dabei sein möchte, weil die Motivation war recht klar: Man wollte möglichst weitere Kriege vermeiden, nach der Kriegserfahrung 1. und 2. Weltkrieg, und im besten Fall eine funktionierende Wirtschaft aufbauen. Das war in den 1950er-Jahren: Belgien, Niederlande, Luxemburg, Deutschland, Frankreich, Italien - das sind die sechs Gründerstaaten, die seit Beginn an dabei waren. Im nächsten Schritt hat man festgestellt, das hat ja eigentlich alles relativ gut funktioniert bisher, insofern wollten auch immer mehr Länder mitmachen und genau in dieser Phase befinden wir uns.
Julia Schulte-Closs, Politikwissenschaftlerin von der Uni Marburg: Weil das Bundesverfassungsgericht diese Hürde 2011 als verfassungswidrig gekippt hat. Das liegt einfach daran, dass es unterschiedliche Ausgangssituationen gibt: während im Bundestag die Bildung einer stabilen Mehrheit für die Wahl einer handlungsfähigen Regierung wichtig ist, gilt das im Europäischen Parlament nicht. Und auf diese Art und Weise wurde festgestellt, dass die Sperrklausel, die Chancengleichheut und Wahlrechtsgleichheit von kleinen Parteien verletzen würde.
Maximilian Grawunder von der Humboldt-Uni in Berlin - er ist dort Doktorand am Lehrstuhl für Europarecht:
Nein, das geht nicht, also man kann nicht gleichzeitig im Bundestag und im EU-Parlament sitzen. Das Europawahlrecht ist teilweise durch die Mitgliedsstaaten, teilweise durch die EU geregelt und der Teil, der von der EU kommt, verbietet das. Grund dafür ist eben, dass das Vollzeitparlamente sind (also Bundestag und EU-Parlament) und die Abgeordneten sollen sich auf ihr einziges Mandat konzentrieren können.