Ein Paar küsst sich (Foto: pixabay.de)
Offen, Mono, Poly: Beziehungsmodelle

Verliebt, verlobt, verheiratet. Mit einem Menschen, für immer? Nö, nicht immer. Denn es gibt viele Beziehungsmodelle, die mit dem Konzept der monogamen Beziehung brechen. Hier stellen wir einige von ihnen vor.

Monogamie: Ein Mensch ist mit einem anderen Menschen zusammen. Sie fühlen sich durch Liebe zueinander verbunden. Sexuelle Treue, also Exklusivität, ist den Partner/innen wichtig: Nur die beiden haben Sex miteinander.

Ein Paar hält Händchen, beide haben einen Anker tätowiert (Foto: pixabay.com)
In einer monogamen Beziehung gibt es nur eine/n (Sex-)partner/in

In westlichen Kulturen verbreitet

Die monogame Beziehung gilt in westlichen Kulturkreisen als die am weitesten verbreitete Beziehungsform. Warum das so ist, dafür gibt es verschiedene Erkläransätze, erzählt Sexualtherapeut Michael Sztenc: „Früher ging es dabei um materielle Absicherung. Über eine monogame wurde der Besitz geregelt. Und weil das Patriachart die vorherrschende Gesellschaftsform war und die Männer alles besessen haben, haben sie auch ihre Familie besessen, also die Frauen.“ Das ist heute glücklicherweise nicht mehr so, aber das Beziehungsmodell hat sich gehalten.

Es gibt aber noch einen anderen Ansatz, der das Ganze biologisch erklärt: „Wir Menschen haben eine sehr enge Bindung an unsere Mutter. Dadurch ist die intime, enge Zweierbeziehung biologisch vorgeprägt“, so Michael. „Welcher diese Ansätze und ob überhaupt einer davon stimmt, darüber streitet man in der Forschung.“

Nicht mehr so wie früher

Heutzutage hat sich dieses Konzept aber auch schon etwas verändert: Während Monogamie früher hieß, dass man heiratet und dem Ehepartner ein Leben lang treu bleibt, gibt es heute die „serielle Monogamie“. Michael:

„Wir führen in unserem Leben zwar monogame Beziehungen, aber davon mehrere. Wir bleiben also nicht für immer und ewig mit ein und demselben Partner zusammen, sondern wechseln sie.“
Ein Mann und eine Frau halten sich an der Hand (Foto: pixaby/ PublicDomainPictures)
Die serielle Monogamie ist verbreitet

Außerdem ist unser Beziehungsleben komplizierter geworden. „Früher sind die Menschen nicht so alt geworden – heute muss man es ganz schön lange miteinander aushalten.“ Außerdem hat sich die Gesellschaft laut Michael immer mehr zu einer Leistungs- und Optimierungsgesellschaft entwickelt. Deswegen haben wir auch sehr hohe Ansprüche an unsere Partner/in: „Es gibt die Idee, dass ein Partner einem absolut alles geben muss. Das scheitert dann oft, denn auch der andere ist nur ein Mensch. Dann wird gesagt: Es passt halt nicht. Und der Partner gewechselt.“

Monogamie und Datingapps?

Bei Michael kommen viele Paare, die durch eine Therapie an ihrer Beziehung arbeiten wollen. Der häufigste Grund für ihren Besuch: Außenbeziehungen, also Fremdflirten, Fremdgehen, oder jemand wurde beim Chatten mit jemand anderem erwischt. Für Michael passt das auch zu der Vielfalt an Möglichkeiten, außerhalb der Beziehung zu flirten:

„Wenn man sich ansieht, wie viele Datingportale es online gibt, auf denen auch Sexpartner gesucht werden, dann haut das statistisch gesehen nicht hin, dass die monogame Beziehung die verbreitetste ist. Das heimliche Fremdgehen boomt dadurch.“
Zwei Handybilschirme, auf denen Herzen zu sehen sind (Foto: pixabay.com)
Datingapps boomen


Alternative Beziehungskonzepte

Es gibt verschiedene Beziehungsmodelle die sagen, sie wollen von diesem Modell weg. Weg von sexueller und amouröser, also emotionaler, Exklusivität und Bindung an nur einen Menschen. Manche davon sind weiter verbreitet als andere. Zum Beispiel:

LAT: Living Apart Together

In diesem Modell seid ihr ein Paar, entscheidet euch aber bewusst dagegen, zusammenzuwohnen. LAT steht für „Living Apart Together“. Es gibt Beziehungsexperten die sagen, dass durch die so geschaffene Distanz mehr Nähe entstehen kann. Und es kann auch weniger Streitpunkte geben: Zum Beispiel ums Putzen, den frühen Wecker oder wenn einer mal Zeit für sich braucht, den anderen aber nicht aus der gemeinsamen Wohnung werfen kann.

Die offene Beziehung

Ein Paar liegt im Bett unter einer Decke (Foto: pixabay.com)
Mit anderen ins Bett? In offener Beziehung erlaubt

Hier ist Sex mit anderen erlaubt. In einer offenen Beziehung habt ihr einen festen Partner oder eine feste Partnerin, den oder die ihr liebt und mit dem/der ihr zusammen seid und bleiben wollt. Aber: Ihr erlaubt euch sexuelle Abenteuer mit anderen. Der Grund dafür ist oft, dass ein/eine Sexpartner/-partnerin nicht alle eure Bedürfnisse erfüllen kann. Was okay ist und wo die Grenzen liegen, macht ihr unter euch aus. Viele Paare legen genaue Regeln fest, es ist also Kommunikation gefragt.

Die Polyamorie

Hier geht es darum, nicht nur einen anderen Menschen zu lieben, sondern mehrere. Wer so lebt, will sich nicht nur mit einem Menschen auf die Art einer Liebesbeziehung verbinden, sondern eine emotionale Bindung auch zu anderen aufbauen. Es geht nicht nur um mehrere Sexpartner.


Jedes Paar kann natürlich sein eigenes Modell festlegen, mit eigenen Regeln und Absprachen. Auch in den Modellen sind noch Abstufungen möglich. Sexualtherapeut Michael weist noch darauf hin:

„Egal wofür man sich entscheidet: Man muss sich darauf einlassen. Denn da spielt vieles eine Rolle - Eifersucht und Macht zum Beispiel. Und es ist anstrengend, sich darauf einzulassen.“

Über dieses Thema wurde auch in der UNSERDING-Show mit Thurie am 18. August 2020 berichtet.